Metallbauermeisterin Katja Lilu Melder ist ihre eigene Chefin.

„Schaffen Sie das als Frau körperlich?“

Metallbauermeisterin und Geschäftsführerin Katja Lilu Melder.
Katja Lilu Melder krempelt gerne die Ärmel hoch, ob als Geschäftsführerin ihres Abbruchunternehmens oder als Mitglied der Unternehmerfrauen im Handwerk (UFH). Mia Trautmann / HWK Dortmund

Hamm. Ein heißer Sommertag in einem Industriegebiet in Hamm-Heessen. Die Straße flimmert. Zwischen einem Autohaus und einer Werkstatt liegen Büro und Lagerhalle des Abbruchunternehmens BMG Santec GmbH. Das Unternehmen ist auf Gefahrstoffsanierung (Asbest) und Abbruch spezialisiert und wird von Katja Lilu Melder geführt. Die 40-Jährige lächelt zur Begrüßung und fragt: “Haben Sie Angst vor Hunden?” Durch ein Rolltor geht es in die Halle, eine Zwischentür weiter ins Büro. Dort bearbeitet Ehemann und Prokurist Ralf Melder Anfragen von Kunden. Schäferhund Maximilian und der schwarze Dackel Richard warten ganz neugierig und wollen den unbekannten Besucher beschnuppern. Aber erst, wenn die Geschäftsführerin den Vierbeinern dafür ein Zeichen gibt.

Dass Katja Melder einmal ein Abbruchunternehmen mit insgesamt 32 Mitarbeitern und zwei Auszubildenden leiten würde, war zu Beginn ihres Berufslebens nicht abzusehen. Sie absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Hotelfachfrau, wechselte dann aber die Branche. “Ich wollte schon immer ins Handwerk, habe mich aber zunächst nicht getraut. Erst als ich immer mehr Berührungspunkte mit dem Handwerk hatte, kam der Mut”, erzählt sie. Inzwischen ist sie Metallbauermeisterin, Personal-Betriebswirtin und Fachkraft für Arbeitssicherheit. Sie leitete einige Jahre eine Zeitarbeitsfirma und erhielt irgendwann Anfragen für Sanierungen. Im Frühjahr 2021 musste die Geschäftsführerin Durchhaltevermögen beweisen: Das Unternehmen rutschte durch die Folgen der Corona-Pandemie in die Insolvenz. Sie und ihr Mann sahen darin die Chance für einen Neuanfang des heutigen Abbruchunternehmens BMG Santec in Hamm.

Sanierung besser für Klimaschutz?

“Entweder man liebt den Job oder nicht. Es ist schmutzig, staubig und anstrengend”, sagt sie. Kraft sei nötig, aber als Selbstständige brauche sie auch Köpfchen und müsse Verantwortung übernehmen. Diese Abwechslung fasziniere sie. Der Beruf bietet aber noch weitere Aspekte: “Die Arbeit ist auch wichtig für den Klimaschutz. Außerdem können Asbest und Schimmel krankmachen.” Dabei geht es nicht immer um den kompletten Abriss, sondern oft auch um Sanierung und Modernisierung. Letzteres sei auch im Sinne des Klimaschutzes, also lieber den Bestand sanieren als immer neu zu bauen. Die meisten Aufträge bekommen sie von Städten und Gemeinden. Oft sind es alte Schulen oder Krankenhäuser, die voller Asbest sind. “Wir reißen aber auch nur den alten Schornstein ab, wenn jemand das will”, wirft Ralf Melder ein.


Trotz der langjährigen Selbstständigkeit gibt es manchmal Zweifel von außen: “Neulich wurde ich gefragt, ob ich die Arbeit im Abbruchunternehmen körperlich schaffe.” Melder versucht es mit Humor zu nehmen, schüttelt aber den Kopf. “Handwerk ist auch Frauensache” – hinter dieser Aussage steht nicht nur sie, sondern auch die rund 5.000 Mitglieder der Unternehmerfrauen des Handwerks (UFH). Dort engagiert sie sich und ist sogar Pressesprecherin des UFH-Bundesverbandes. Der Verband setzt sich für die Vereinbarkeit von Beruf & Familie ein und will Frauen einen besseren Zugang zum Handwerk ermöglichen. “Wir sind dafür da, Frauen sichtbar zu machen und das Handwerk zu stärken”, fasst Melder zusammen.


Der Austausch mit den anderen UFH-Frauen helfe ihr auch in ihrer Führungsrolle: “Ich habe Verpflichtungen, ich trage Verantwortung, ich habe natürlich auch Ängste und muss mit verschiedenen Situationen und Emotionen umgehen”. Und manchmal tue es auch gut, Verbündete zu haben oder einfach in den Arm genommen zu werden – das würden Männer vielleicht nicht so offen zugeben, sagt sie.
Ihre Motivation für das Ehrenamt schöpft die Metallbaumeisterin aus ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. “Ich kann nicht nur meckern, ich muss auch handeln”, so ihr Leitsatz. Für Frauen, Inklusion und Tierschutz setzt sie sich gerne ein. Weil zwei ihrer Mitarbeiter gehörlos sind, lernt sie gerade Gebärdensprache.
Was sich die Geschäftsführerin für die Zukunft des Handwerks wünscht? Mehr Menschen im Handwerk, die auch den Klimaschutz vorantreiben, denn: “Ohne Handwerk geht es nicht.”

Ausbildung im Abbruchunternehmen?

Eine Ausbildung im Abbruch? -Ja, das ist möglich! Seit 2019 haben bereits zwei Nachwuchskräfte ihre dreijährige Ausbildung zum/zur Bauwerksmechaniker/in für Abbruch und Betontrenntechnik bei BMG Santec absolviert.

Klempnerin und Handwerks-Influencerin Sandra Hunke hat sich die Arbeit des Unternehmens für ein Format auf YouTube genauer angesehen. In der Folge sieht man, welche Schutzmaßnahmen bei einer Asbestsanierung getroffen werden müssen und sogar wie eine Kernbohrung durchführt wird.

„Sandra macht Praktikum“ im Abrissunternehmen:

www.youtube.com/watch?v=gyBxcrVq00U